Risikomanagement 2025: BaFin-Vorgaben zu ESG, Klima & Geopolitik – Strategische Weichenstellungen für Banken

Risikomanagement 2025: BaFin-Vorgaben zu ESG, Klima & Geopolitik – Strategische Weichenstellungen für Banken

10. Juni 2025
5 min Lesezeit

Risikomanagement 2025: BaFin-Vorgaben zu ESG, Klima & Geopolitik – Strategische Weichenstellungen für Banken

Executive Summary

  • Dringender Handlungsbedarf: Bis September 2025 müssen Risikostrategien geopolitische Szenarien explizit abbilden – eine direkte BaFin-Vorgabe, die keinen Aufschub duldet.
  • Klimarisiken im Kreditfokus: Die Integration physischer Klimarisiken in Kreditrisiko- und Portfoliomanagement ist bis Ende 2025 unumgänglich und erfordert tiefgreifende Daten- und Prozessanpassungen, die oft unterschätzt werden.
  • ESG-Stresstests als neue Norm: Die kontinuierliche Entwicklung und Verschärfung von ESG-Stresstests für extreme, aber plausible Szenarien wird zum Standard – mit direkten Implikationen für Kapital, Risikotragfähigkeit und die strategische Ausrichtung.
  • Mehr als Compliance: Die proaktive Adressierung dieser Themen ist kein reines Abhaken von Vorgaben, sondern ein entscheidender Faktor für die Zukunftsfähigkeit, Reputation und letztlich die Kapitalausstattung Ihres Instituts.
  • Aufsichtsdruck steigt signifikant: BaFin, EZB und EBA signalisieren eine klare Erwartungshaltung bei der Umsetzung und werden substanzielle Fortschritte, die über oberflächliche Anpassungen hinausgehen, intensiv prüfen. Verzögerungen werden zunehmend kritisch gesehen.

Einleitung: Die neue Risikolandschaft fordert strategisches Umdenken

Das Jahr 2025 markiert einen Wendepunkt im strategischen Risikomanagement für deutsche Banken. Angesichts einer volatileren Weltordnung und den unübersehbaren Folgen des Klimawandels hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) klare und zeitkritische Vorgaben formuliert. Diese zielen auf eine robustere Aufstellung der Institute gegenüber geopolitischen Verwerfungen, den physischen Auswirkungen des Klimawandels und den umfassenden ESG-Risikofeldern.

Für Sie als CRO, Leiter Meldewesen, CFO oder Verantwortlicher für Regulatorik und Operations bedeutet dies mehr als nur eine weitere regulatorische Übung. Es geht um die fundamentale Neubewertung von Risikotreibern, die Anpassung von Geschäfts- und Risikostrategien und die Sicherstellung der langfristigen Stabilität und Profitabilität Ihres Hauses. Dieser Beitrag liefert Ihnen nicht nur einen Überblick über die Anforderungen, sondern beleuchtet praxisnahe Best Practices und strategische Implikationen, um die anstehenden Herausforderungen erfolgreich zu meistern und als Chance zur Stärkung Ihrer Organisation zu nutzen.

Geopolitische Risiken: Von der abstrakten Gefahr zur konkreten Risikostrategie – Deadline September 2025

Die Zeiten, in denen geopolitische Risiken als ferne, schwer greifbare Faktoren galten, sind vorbei. Die BaFin und EZB erwarten nun explizit, dass Banken die unsichere Natur geopolitischer Risiken in ihrer Risikostrategie und ihrem Risikomanagement verankern – und das bis September 2025. Dies ist keine triviale Aufgabe, da historische Daten für die aktuellen, oft beispiellosen Szenarien wenig Aussagekraft besitzen.

Warum sollten Sie diesem Thema jetzt höchste Aufmerksamkeit schenken? Eine nicht oder nur unzureichend angepasste Risikostrategie gefährdet nicht nur die regulatorische Konformität, sondern kann zu unerwarteten Verlusten, Reputationsschäden und einer Erosion der Kapitalbasis führen, wenn geopolitische Schocks eintreten.

Best Practices für die Umsetzung:

  • Szenarioplanung als Kernstück: Entwickeln Sie robuste, aber plausible geopolitische Stressszenarien (z.B. Eskalation regionaler Konflikte, plötzliche Sanktionsregime, Zusammenbruch kritischer Lieferketten). Quantifizieren Sie deren potenzielle Auswirkungen auf Ihr Portfolio und Ihre Kapitalplanung.
  • Operative Herausforderung: Die Definition "plausibler" Extremszenarien erfordert interdisziplinäre Expertise und Mut zu unkonventionellen Annahmen, die über reine Extrapolationen hinausgehen.
  • Transmissionskanäle verstehen und bewerten: Analysieren Sie systematisch, wie sich spezifische geopolitische Ereignisse auf Ihr Institut auswirken – über Finanzmärkte (Volatilität, Asset-Preisverfall), die Realwirtschaft (Kreditausfälle durch gestörte Lieferketten, Nachfrageschocks) und operative Risiken (Cyberangriffe, Infrastrukturausfälle).
  • Selten artikuliertes Risiko: Die sekundären und tertiären Effekte geopolitischer Schocks, wie z.B. veränderte Kundenverhalten oder plötzliche Liquiditätsabflüsse aus bestimmten Regionen, werden oft unterschätzt.
  • Risk Appetite Framework (RAF) schärfen: Integrieren Sie geopolitische Risiken explizit in Ihr RAF. Definieren Sie klare quantitative und qualitative Limits sowie Frühwarnindikatoren. Dies geht über die reine Nennung hinaus und erfordert messbare Schwellenwerte.
  • Denkfehler der Branche: Viele Institute belassen es bei qualitativen Aussagen, scheuen aber die Festlegung harter Limits für geopolitische Risikokonzentrationen, was die Steuerungsfähigkeit einschränkt.
  • Governance und Notfallpläne etablieren: Verankern Sie die Verantwortung für geopolitische Risiken klar auf Vorstandsebene und in den relevanten Komitees. Entwickeln Sie konkrete Notfall- und Kontinuitätspläne für definierte Krisenszenarien.
  • Erfahrungswert: Reine Papier-Notfallpläne sind wertlos. Regelmäßige Simulationen und "Wargaming"-Übungen sind essenziell, um die Reaktionsfähigkeit im Ernstfall sicherzustelle
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Tabelle 1: Maßnahmen zur Verankerung geopolitischer Risiken

Die Integration geopolitischer Risiken ist ein Marathon, kein Sprint. Die Deadline im September 2025 ist jedoch ein klarer Startschuss für tiefgreifende Anpassungen.

Physische Klimarisiken im Kreditgeschäft: Daten, Modelle und die harte Realität bis Ende 2025

Die zunehmende Frequenz und Intensität von Extremwetterereignissen machen physische Klimarisiken zu einer unmittelbaren Bedrohung für die Portfolios deutscher Banken. Die BaFin fordert bis Ende 2025 die Integration dieser Risiken in das Kreditrisiko- und Portfoliomanagement. Dies bedeutet, Klimarisiken nicht als separate Kategorie, sondern als Treiber für etablierte Risikoarten wie Kredit-, Markt- und operationelle Risiken zu verstehen und zu managen.

Warum ist das für Sie als Führungskraft jetzt kritisch? Unzureichend bewertete physische Klimarisiken können zu signifikanten Kreditausfällen, Wertberichtigungen auf Sicherheiten und einer Unterschätzung der tatsächlichen Risikokonzentration im Portfolio führen. Dies bedroht die Ertragslage und die Kapitaladäquanz.

Best Practices für die Umsetzung:

  • Datenfundament schaffen – die Achillesferse vieler Institute: Systematische Erfassung von Standortdaten (Granularität ist entscheidend!) von Kreditnehmern und Sicherheiten. Anreicherung dieser Daten mit externen Gefährdungskarten (Überschwemmung, Sturm, Dürre etc.).
  • Operative Herausforderung: Die Beschaffung, Validierung und Integration qualitativ hochwertiger, granularer Geodaten und Klimarisikoinformationen in bestehende IT-Systeme ist komplex und ressourcenintensiv. Viele unterschätzen diesen Aufwand massiv.
  • Kreditprozesse und Bonitätsanalyse anpassen: Integrieren Sie Klimarisikofaktoren in die Kreditwürdigkeitsprüfung (z.B. über ESG-Ratings, Klimarisiko-Scores). Berücksichtigen Sie die Anfälligkeit von Sicherheiten (insbesondere Immobilien) gegenüber Klimawandelfolgen.
  • Selten artikuliertes Risiko: Die Wertminderung von Sicherheiten durch Klimarisiken kann die Loss Given Default (LGD) dramatisch erhöhen, was in vielen aktuellen Modellen noch nicht adäquat abgebildet ist.
  • Portfolio-Management strategisch ausrichten: Nutzen Sie Portfolio-Heatmaps zur Identifikation von Klumpenrisiken in hoch exponierten Regionen oder Sektoren. Definieren Sie Limits und leiten Sie gegebenenfalls strategische Umschichtungen ein.
  • Denkfehler der Branche: Sich allein auf Versicherungslösungen zu verlassen, ist trügerisch. Die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Versicherungsschutz gegen Klimarisiken kann sich rapide ändern und ist keine nachhaltige Lösung für die Risikosteuerung der Bank.
  • Modelle weiterentwickeln und validieren: Erweitern Sie bestehende Kreditrisikomodelle (PD/LGD) um Klimarisiko-Variablen. Nutzen Sie Szenarioanalysen, um die Auswirkungen spezifischer Klimaereignisse auf Ihr Portfolio zu simulieren.
  • Erfahrungswert: Die Modellierung physischer Klimarisiken steckt oft noch in den Kinderschuhen. Ein pragmatischer Start mit qualitativen und semi-quantitativen Ansätzen, kombiniert mit einer klaren Roadmap zur Verfeinerung, ist oft sinnvoller als das Warten auf das "perfekte" Modell.

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Tabelle 2: Schritte zur Integration physischer Klimarisiken

Die Integration physischer Klimarisiken ist eine Querschnittsaufgabe, die tief in die Kernprozesse der Bank eingreift. Die Deadline Ende 2025 erfordert jetzt entschlossenes Handeln.

ESG-Stresstests: Mehr als nur Simulation – Die strategische Notwendigkeit extremer, aber plausibler Szenarien

Die kontinuierliche Weiterentwicklung von ESG-Stresstests ist ein zentraler Baustein der aufsichtsrechtlichen Erwartungen. Banken müssen regelmäßig extreme, aber plausible Szenarien entwerfen, um ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber einem breiten Spektrum von ESG-Risiken – insbesondere Klima-, aber auch sozialen und Governance-Risiken – zu prüfen. Diese Tests sind nicht nur eine regulatorische Pflicht, sondern ein wertvolles Instrument zur strategischen Vorausschau.

Warum sind ambitionierte ESG-Stresstests für Ihre strategische Planung unerlässlich? Sie decken verborgene Schwachstellen und Risikokonzentrationen auf, die in Standardmodellen oft unentdeckt bleiben. Die Ergebnisse haben direkte Auswirkungen auf die Kapitalplanung (ICAAP), die Risikotragfähigkeit und können strategische Anpassungen des Geschäftsmodells notwendig machen.

Best Practices für die Umsetzung:

  • Szenariodesign – Kreativität und wissenschaftliche Fundierung: Nutzen Sie etablierte Referenzszenarien (z.B. NGFS für Klima), aber scheuen Sie sich nicht, diese institutsspezifisch anzupassen und um eigene, kreative Szenarien zu ergänzen. Denken Sie in kombinierten Schocks (z.B. physische Klimaschäden plus abrupte Transitionsmaßnahmen).
  • Operative Herausforderung: Die Definition von "extrem, aber plausibel" ist ein Balanceakt. Es erfordert Mut, Szenarien zu testen, die über das bisher Erlebte hinausgehen, ohne in unrealistische Spekulationen abzudriften.
  • Robuste Modellierung der Auswirkungen: Übersetzen Sie die Szenarioparameter fundiert in Auswirkungen auf Ihr Portfolio. Kombinieren Sie Top-Down-Ansätze (makroökonomische Effekte) mit Bottom-Up-Analysen (Auswirkungen auf Einzelkreditnehmer und Vermögenswerte).
  • Selten artikuliertes Risiko: Die Kaskadeneffekte und Interdependenzen zwischen verschiedenen ESG-Risikofaktoren (z.B. wie soziale Unruhen durch Klimawandel ausgelöst werden und Lieferketten stören) werden in Stresstests oft noch unzureichend berücksichtigt.
  • Mut zu extremen Annahmen (im Rahmen der Plausibilität): Ein Stresstest soll die Grenzen der Belastbarkeit ausloten. Die Szenarien sollten die Organisation wirklich "stressen" und nicht nur geringfügige Abweichungen vom Basisszenario darstellen.
  • Denkfehler der Branche: Eine zu konservative Szenariowahl, um "gute" Ergebnisse zu erzielen, untergräbt den Zweck des Stresstests und wiegt das Management in falscher Sicherheit.
  • Ergebnisse in konkrete Maßnahmen überführen: Die Analyse der Stresstestergebnisse muss zu konkreten Managemententscheidungen führen – sei es die Anpassung von Risikolimits, die Stärkung der Kapitalbasis, die Modifikation von Geschäftsstrategien oder die Entwicklung spezifischer Mitigationspläne.
  • Erfahrungswert: Stresstestergebnisse, die ohne Konsequenzen bleiben, sind eine Verschwendung von Ressourcen. Ein klar definierter Prozess zur Umsetzung von Maßnahmen basierend auf den Ergebnissen ist entscheidend.
  • Kontinuierliche Weiterentwicklung und Lernen: ESG-Stresstests sind ein iterativer Prozess. Modelle, Annahmen und Szenarien müssen regelmäßig überprüft, kalibriert und an neue Erkenntnisse und Risikolandschaften angepasst werden.
  • Strukturelle Schwäche: Oft fehlt es an dedizierten Ressourcen und interdisziplinären Teams, um ESG-Stresstests kontinuierlich weiterzuentwickeln und die Lernkurve steil zu halten.
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Tabelle 3: Durchführung eines ESG-/Klimarisiko-Stresstests

ESG-Stresstests sind ein mächtiges Werkzeug, um die Resilienz Ihres Instituts proaktiv zu stärken und sich auf eine zunehmend unsichere Zukunft vorzubereiten.

Strategische Takeaways für Entscheider

Die Anforderungen der BaFin sind mehr als nur neue Regularien; sie sind ein Katalysator für eine strategische Neuausrichtung des Risikomanagements. Für Sie als Führungskraft ergeben sich daraus folgende zentrale Handlungsimpulse:

  1. Strategische Priorisierung ist unumgänglich: Die BaFin-Fristen (Sept. & Ende 2025) sind nicht verhandelbar. CROs und Risikoverantwortliche müssen die Umsetzung jetzt als Top-Priorität steuern, die notwendigen Ressourcen allokieren und interdisziplinäre Projektteams aufsetzen.
  2. Datengetriebene Realität statt vager Annahmen: Insbesondere bei Klimarisiken führt kein Weg an einer soliden, granularen Datenbasis und deren Integration in Kernprozesse (Kreditvergabe, Bewertung, Reporting) vorbei. Dies ist oft die größte operative Hürde und erfordert signifikante Vorabinvestitionen.
  3. Szenariodenken als neue Normalität: Geopolitische Analysen und ESG-Stresstests sind keine einmaligen Übungen. Sie erfordern eine kontinuierliche Verfeinerung, die Bereitschaft, auch unbequeme, extreme Szenarien durchzuspielen und deren Kapitalimplikationen ehrlich zu bewerten.
  4. Ganzheitliche Integration entscheidet: Die neuen Risikotreiber dürfen nicht isoliert in Silos betrachtet werden. Erfolgsentscheidend ist ihre tiefe Verankerung in der Gesamtbankstrategie, dem Risk Appetite Framework, der Governance-Struktur und letztlich der gelebten Risikokultur im gesamten Institut.

Die Zukunft des Risikomanagements aktiv gestalten

Die von der BaFin vorgegebenen Fristen bis September und Ende 2025 mögen ambitioniert erscheinen, doch sie spiegeln die Dringlichkeit wider, mit der sich Finanzinstitute auf eine veränderte Risikolandschaft einstellen müssen. Die dargestellten Best Practices zeigen, dass die Umsetzung dieser Anforderungen zwar herausfordernd, aber machbar ist – und vor allem strategisch sinnvoll.

Es geht nicht darum, Risiken gänzlich zu vermeiden, sondern sie bewusst zu managen, die eigene Widerstandsfähigkeit zu stärken und so die Zukunftsfähigkeit des Instituts zu sichern. Die proaktive und tiefgreifende Auseinandersetzung mit diesen komplexen Risikofeldern ist kein "Nice-to-have", sondern ein fundamentaler Baustein für die Stabilität, Reputation und den langfristigen Erfolg jedes Finanzinstituts.

Wir laden Sie ein, die hier skizzierten Ansätze und strategischen Überlegungen als Impuls für Ihre internen Strategiediskussionen zu nutzen. Stellen Sie jetzt die Weichen für ein resilientes und zukunftsorientiertes Risikomanagement, das den Herausforderungen des Jahres 2025 und darüber hinaus gewachsen ist. Die Zeit für strategisches Handeln ist jetzt.

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